Urteil im Prozess wegen der Tötung einer 53 Jahre alten Frau in Osnabrück
Pressemitteilung 16/24
19.06.2024
Zur Überzeugung der Kammer steht fest, dass der 54 Jahre alte Angeklagte am 19. Oktober des vergangenen Jahres die von ihm getrenntlebende Frau in deren Wohnung aufsuchte. Im Rahmen des Besuches kam es - wie schon häufiger - zu einer verbalen Auseinandersetzung zwischen dem Angeklagten und der Getöteten. Die Getötete zog sich hierbei in ein Schlafzimmer der Wohnung zurück und verschloss die Tür. Der Angeklagte nahm ein circa 10 cm langes Küchenmesser, gelangte gewaltsam in das Schlafzimmer und töte die Frau mit 29 wuchtigen Stichen. Trotz durch alarmierte Rettungskräfte eingeleitete Reanimationsmaßnahmen verstarb die Frau noch am Tattag an den Folgen ihrer Verletzungen im Krankenhaus in Osnabrück.
Der Vertreter der Staatsanwaltschaft sowie die Nebenklägervertreterin hatten in ihren Schlussvorträgen jeweils eine Verurteilung wegen Mordes gefordert, welcher nach dem Gesetz mit einer lebenslangen Freiheitsstrafe bestraft wird. Die Verteidigung hatte die Tat als Totschlag gewertet und eine Freiheitsstrafe von 5 Jahren gefordert.
Das Gericht würdigte die Tat als Totschlag im Sinne des § 212 Abs. 1 StGB. Der Angeklagte habe in der Absicht, seine von ihm getrenntlebende Frau umzubringen, 29 Mal auf diese eingestochen. Auch wenn der Angeklagte angegeben habe, sich nicht an den Tötungsvorgang im engeren Sinne erinnern zu können und über Erinnerungslücken berichtet habe, bestehe im Ergebnis weder eine erheblich verminderte Schuldfähigkeit noch eine Schuldunfähigkeit. Die Kammer folgte dabei auch den Ausführungen des psychiatrischen Sachverständigen. Dem Angeklagten sei nach der Beweisaufnahme nicht der Vorwurf des Mordes zu machen. Das Mordmerkmal der Heimtücke, welches ein Ausnutzen einer Arg- und Wehrlosigkeit des Opfers erfordere, sei nicht gegeben. Das Opfer habe sich vor dem Übergriff noch in einem Schlafzimmer verbarrikadieren können, nachweislich versucht, auf den Angeklagten beschwichtigend einzureden und noch aus dem Schlafzimmer heraus telefoniert. Ebenso wenig sei das Mordmerkmal der niedrigen Beweggründe gegeben. Welches Handlungsmotiv genau handlungsbestimmend gewesen sei, habe sich zur Überzeugung der Kammer nicht feststellen lassen.
Die Voraussetzungen eines besonders schweren Falls des Totschlags im Sinne des § 212 Abs. 2 StGB sowie diejenigen eines minderschweren Falls des Totschlags im Sinne des § 213 StGB würden nicht vorliegen.
Tat- und schuldangemessen sei unter Berücksichtigung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände eine Freiheitsstrafe von 12 Jahren. Zugunsten des Angeklagten habe die Kammer berücksichtigt, dass er strafrechtlich bislang nicht in Erscheinung getreten sei. Auch habe er die Tat in der Sache letztlich eingeräumt. Erschwerend habe die Kammer die Art und Weise der Tatausführung berücksichtigt. Auch habe er mit Tötungsabsicht gehandelt, was strafschärfend gewertet werde.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Es kann von der Staatsanwaltschaft, der Nebenklage oder dem Angeklagten binnen einer Woche mit der Revision zum Bundesgerichtshof angegriffen werden.
Richter am Landgericht Christoph Willinghöfer
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