Podiumsdiskussion „20 Jahre Mediation im Gericht in Niedersachsen“ am Landgericht Osnabrück
17.06.2022
OSNABRÜCK. Im Rahmen der landesweiten Veranstaltung zum Jubiläum „20 Jahre Mediation im Gericht in Niedersachsen“ fand am Mittwoch, dem 15. Juni 2022, am Landgericht Osnabrück eine Podiumsdiskussion zu den Erfahrungen und möglichen Entwicklungspotentialen der gerichtlichen Güterichterverfahren statt. Teilnehmer der Diskussionsrunde waren der Vize-Präsident des Landgerichts Axel Eichmeyer, die Direktorin des Amtsgerichts Bad Iburg Susanne Kirchhoff, der Direktor des Amtsgerichts Bersenbrück Oliver Sporré, Rechtsanwältin Beatrix Rauf sowie Dr. Kati Zenk, IG Metall Wolfsburg. Moderiert wurde die Diskussion vom Präsidenten des Landgerichts Dr. Thomas Veen.
Nach einleitenden Begrüßungsworten durch den Präsidenten des Landgerichts erfolgten Grußworte durch den Staatssekretär im Niedersächsischen Justizministerium Dr. Frank- Thomas Hett. Dieser nahm in Vertretung für die Niedersächsische Justizministerin Barbara Havliza an der Veranstaltung teil, die aus terminlichen Gründen an einer Teilnahme gehindert war. Dr. Frank-Thomas Hett betonte bereits zu Beginn der Veranstaltung die Erfolgsgeschichte der gerichtlichen Güterichterverfahren, welche Anhand der Anzahl durchgeführter Verfahren in den letzten Jahren deutlich werde. Im Bezirk des Oberlandesgerichts Oldenburg seien 60 Güterrichterinnen und Güterichter tätig. Allein in den Jahren 2015 bis 2019 habe sich an den Amtsgerichten die Anzahl an Güterichterverfahren nahezu verdreifacht.
Im Rahmen der anschließenden Podiumsdiskussion wurden von den Teilnehmern die Erfahrungen mit dem gerichtlichen Güterichterverfahren dargestellt und erörtert. Am Landgericht werden diese Verfahren seit dem Herbst 2005 - zunächst im Rahmen eines landesweiten Pilotprojektes - angeboten, lange bevor 2012 das gerichtliche Güterichterverfahren in der Zivilprozessordnung in der Regelung zu § 278 Abs. 5 ZPO kodifiziert wurde. Seit dem Jahr 2005 seien am Landgericht Osnabrück knapp 3.500 Güterichtergespräche durchgeführt worden, so der Vizepräsident des Landgerichts Osnabrück Axel Eichmeyer, der bereits in der Anfangsphase als Güterichter am Landgericht Osnabrück tätigt gewesen ist. Circa 80 Prozent hiervon seien erfolgreich. Die Richterinnen und Richter, die für die Tätigkeit als Güterichterinnen und -richter eine gesonderte Ausbildung erhalten, bewerten im Rahmen der Gütegespräche keine Sachverhalte, sondern erarbeiten gemeinsam mit den Parteien eine einvernehmliche Regelung. Besondere Vorgehensweisen seien hierbei das aktive Zuhören zum Herausarbeiten der jeweiligen Anliegen der Parteien, ein primär den Parteien zugewandtes Arbeiten sowie die Äußerung von Denkanstößen für die Parteien und ihre Vertreter, so Dr. Kati Zenk, die die „Anfangsphase“ der gerichtlichen Güterichterverfahren im Rahmen ihrer Promotion zu dem Thema „Mediation im Rahmen des Rechts, eine Herausforderung für die Justiz“ begleitet hat. Frau Dr. Zenk betonte ferner die positiven Erfahrungen, die durch empirische Untersuchungen einer Vielzahl gerichtlicher Güterichterverfahren festgestellt worden seien. Güterichterverfahren würden den Parteien ermöglichen, eine aus ihrer subjektiven Sicht faire Lösung zu erzielen. Dieses sei ein Aspekt, der immer wichtiger werde, da die Akzeptanz rechtsstaatlicher Entscheidungen abnehme, so die Direktorin des Amtsgerichts Bad Iburg Susanne Kirchhoff. Auch bei den Amtsgerichten habe sich das gerichtliche Mediationsverfahren mit Erfolg etabliert, so der Direktor des Amtsgerichts Bersenbrück Oliver Sporré. Das Tätigkeitsfeld der Güterichterinnen und Güterichter sei hierbei nicht nur auf Zivil- oder Familienverfahren beschränkt. Auch in Landwirtschaftsverfahren, Betreuungs- und Nachlassangelegenheiten würden Mediationsverfahren vermehrt durchgeführt. Auch die Vertreterin der Anwaltschaft Beatrix Rauf betonte den Erfolg der gerichtlichen Güterichterverfahren, auch wenn zu Beginn der Etablierung die ein oder anderen Bedenken bestanden haben mögen. Man habe sich zunächst in die neue Situation einfinden müssen, dass primäre Protagonisten des Mediationsverfahren die Mandanten seien und diese im Güterichterverfahren ihren Standpunkt freier äußern können.
Zuletzt wurden von den Beteiligten und dem Publikum die Entwicklungspotentiale des Mediationsverfahrens diskutiert. Nicht nur im Hinblick auf die Art der betroffenen Streitigkeiten, in denen gerichtliche Mediationsverfahren Anwendung finden könnten, wurden Möglichkeiten der künftigen Fortentwicklung gesehen. Auch die Ausgestaltung der Verfahren unterliegt seit der Einführung der Regelung zu § 128a ZPO, die Verhandlungen durch Übertragung von Tonund Bildsignalen an einen anderen Ort als dem Gericht - zum Beispiel durch die Dienste Skype, Teams oder Zoom - ermöglicht, einem Wandel. So sind insbesondere technische Veränderungen zur Führung von Einzelgesprächen in sogenannten „Private Rooms“ wünschenswert.
Erstmals wurde eine solche Veranstaltung am Landgericht Osnabrück live übertragen. Die Veranstaltung ist weiterhin unter https://www.youtube.com/watch?v=b2jyHjryU9c abrufbar.
Auf den nebenstehenden Fotos sehen Sie - immer von links nach rechts:
Staatssekretär im Justizministerium Dr. Frank-Thomas Hett
Direktor des Amtsgerichts Bersenbrück Oliver Sporré,
Rechtsanwältin Beatrix Rauf, Dr. Kati Zenk, IG Metall Wolfsburg,
Präsident des Landgerichts Dr. Thomas Veen,
Direktorin des Amtsgericht Bad Iburg Susanne Kirchhoff,
Vizepräsident des Landgerichts Axel Eichmeyer
Rechtsanwältin Beatrix Rauf, Vizepräsident des Landgerichts Axel Eichmeyer, Dr. Kati Zenk, IG Metall Wolfsburg, Präsident des Landgerichts Dr. Thomas Veen, Direktorin des Amtsgerichts Bad Iburg Susanne Kirchhoff, Richter am Amtsgericht Tobias Vogt,
der die Organisation der Veranstaltung für das Oberlandesgericht Oldenburg begleitet hat.
Richter am Landgericht Christoph Willinghöfer
- Pressestelle -
Landgericht Osnabrück, Neumarkt 2,
49074 Osnabrück
Telefon: 05 41 - 3 15 1325
Telefax: 05 41 - 3 15 6138
christoph.willinghöfer@justiz.niedersachsen.de
Web: http://www.landgericht-osnabrueck.niedersachsen.de
Twitter: https://twitter.com/LandgerichtOS