Landgericht Osnabrück bestätigt Entscheidung zur Beschlagnahme eines mutmaßlich gefälschten Impfausweises
28.10.2021
OSNABRÜCK. Die 3. große Strafkammer des Landgerichts Osnabrück hat mit Beschluss vom
26. Oktober 2021 eine Beschwerde der Staatsanwaltschaft Osnabrück gegen die
Entscheidung des Amtsgerichts Osnabrück vom 12. Oktober 2021, mit der der Antrag gemäß
§ 98 Abs. 2 StPO auf gerichtliche Bestätigung einer Beschlagnahme eines mutmaßlich
gefälschten Impfausweises zurückgewiesen wurde, verworfen.
Am 11. Oktober 2021 beantragte die Polizei die gerichtliche Bestätigung einer Beschlagnahme
eines mutmaßlich gefälschten Impfausweises. Dem Beschuldigten wird zur Last gelegt, einen
gefälschten Impfausweis in einer Apotheke in Nordhorn vorgelegt zu haben, um ein digitales
Impfzertifikat zu erhalten. Das Amtsgericht Osnabrück lehnte mit Beschluss vom 12. Oktober
2021 die gerichtliche Bestätigung der Beschlagnahme ab, da das dem Beschuldigten
vorgeworfene Verhalten nicht strafbar sei. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der
Staatsanwaltschaft.
Die 3. große Strafkammer des Landgerichts Osnabrück bestätigte mit Beschluss vom 26.
Oktober 2021 die Entscheidung des Amtsgerichts Osnabrück. Das Vorzeigen eines
gefälschten Impfausweises in einer Apotheke zur Erlangung eines digitalen Impfzertifikats sei
nach der derzeitigen Rechtslage kein strafbares Handeln. Es sei von einer Strafbarkeitslücke
auszugehen.
Ein Impfpass sei zwar ein Gesundheitszeugnis im Sinne der Regelung zu §§ 277, 279 StGB.
Die Vorlage erfolge jedoch nicht bei einer Behörde, sondern in einer Apotheke. Eine Apotheke
sei auch unter Berücksichtigung der Regelung zu § 22 Abs. 5 Nr. 1 IfSG keine Behörde im
Sinne des Strafgesetzbuches, vgl. § 11 Abs. 1 Nr. 2 lit. c) StGB. Eine Apotheke sei ein privates
Unternehmen, welches nicht in das Gefüge der staatlichen Verwaltung eingeordnet sei.
Die allgemeinen Regelungen zur Herstellung einer unechten Urkunde, zum Fälschen einer
echten Urkunde sowie zur Verwendung einer unechten oder verfälschten Urkunde gemäß
§ 267 StGB würden keine Anwendung finden, da die Regelungen zu §§ 277, 279 StGB als
Privilegierung mit einer deutlich niedrigeren Strafandrohung spezieller seien und daher ein
Rückgriff auf die allgemeinen Regelungen sperren würden.
Ebenso wenig sei eine Strafbarkeit nach § 75a Abs. 2 Nr. 1 IfSG gegeben. Der Straftatbestand
könne nur von einer zur Durchführung der Schutzimpfung berechtigten Person begangen
werden, insbesondere durch den die Impfung durchführenden Arzt.
Das Gebrauchen eines gefälschten Gesundheitszeugnisses sei daher im privaten Bereich
nach der zurzeit bestehenden Rechtslage straffrei.
Die 3. große Strafkammer wies deutlich darauf hin, dass eine Sicherstellung eines gefälschten
Impfausweises dennoch möglich sei. Das Gebrauchen eines unechten oder gefälschten
Impfausweises stelle - unabhängig von der Frage, ob ein solches Verhalten strafbar sei -
aufgrund der bestehenden Ansteckungsgefahr eine gegenwärtige Gefahr für die Allgemeinheit
dar. Der Impfausweis dürfte daher auf Grundlage des polizeilichen Gefahrenabwehrrechts
nach § 26 Nr. 1 NPOG sicherzustellen sein.
Richter am Landgericht Christoph Willinghöfer
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